Artál, Felandur, Barenstin, Winterfels
Winterfels ist nicht mehr der Ort, der er einst war. Die Lichtsäule hat ihn niedergebrannt, bis in sein Innerstes. Noch immer steht sie dort – hoch aufragend, grell, unerbittlich. Ihr Licht durchschneidet die Finsternis wie ein Schwert, doch es spendet keine Wärme. Es flackert nicht. Es pulsiert nicht. Es brennt wie eine ewige Narbe in der Landschaft, kalt und unnahbar.
Um sie herum hat sich Dunkelheit gelagert, schwer und lebendig, als wäre sie ein Wesen mit eigenem Willen. Sie kriecht, sie atmet, sie lauert. Sie umklammert das Licht nicht in offener Feindschaft, sondern in einer Art ständiger Umzingelung. Beide Kräfte scheinen sich zu erkennen, zu messen, zu bannen – als führten sie einen Krieg, der längst begonnen hat, ohne dass einer ihn erklären musste. Die Dunkelheit reicht weit über das Tal hinaus, hinein ins Hochland, wo sie sich mit dem Schnee vermengt und den Himmel mit grauen Schleiern überzieht.
Man sieht Winterfels kaum noch. Was von den Häusern übrig ist, liegt in Asche. Dächer sind eingestürzt, Mauern zerfressen von der Hitze, die kein Feuer war. Fensterrahmen wie verbrannte Rippen ragen aus dem Schnee, schwarze Linien in einem bleichen Meer. Der Wind trägt Ascheflocken durch die Ruinen, verwirbelt sie mit dem fallenden Schnee, als ob der Ort selbst noch immer verglüht.
In der Dunkelheit, die sich um die Säule gelegt hat, leben keine Menschen mehr – nur noch Schatten. Böse Geister, flüsternde Dämonen, namenlose Gestalten, die keinen Körper brauchen, um zu jagen. Man sieht sie kaum, doch sie sind da. Wer sich Winterfels nähert, spürt ihre Blicke, hört ihre Stimmen. Es ist ein Wispern, das keine Worte kennt und doch die Seele trifft. Ein Kältegefühl, das nicht vom Wetter kommt, sondern aus den Spalten der Welt.
Der Ort war einst bekannt wegen des Propheten. Kein Tempel wurde errichtet, keine Steinkreise zeugen von seiner Anwesenheit. Und doch spürte man dort etwas – eine Stille, die nicht leer war. Ein Zentrum, in dem etwas wartete. Was ihn mit der Lichtsäule verband, weiß niemand. Ob er ging, verging oder verschwand, bleibt unbeantwortet. Doch es heißt, sein letzter Blick galt dem Licht – oder dem, was aus ihm wurde.
 Das Hochland ringsum ist karg und weit. Früher war es von scharfem Wind, klarem Schnee und dem Pfeifen der Eulen erfüllt. Heute liegt eine bleierne Stille über dem Land, nur unterbrochen vom Heulen der Dunkelheit. Der Schnee ist grau geworden, mit Asche durchsetzt. Wenn er fällt, regnet es keinen Trost. Es regnet Erinnerung, schwer und traurig. Der Himmel gibt nicht mehr, er nimmt.
Das Hochland ringsum ist karg und weit. Früher war es von scharfem Wind, klarem Schnee und dem Pfeifen der Eulen erfüllt. Heute liegt eine bleierne Stille über dem Land, nur unterbrochen vom Heulen der Dunkelheit. Der Schnee ist grau geworden, mit Asche durchsetzt. Wenn er fällt, regnet es keinen Trost. Es regnet Erinnerung, schwer und traurig. Der Himmel gibt nicht mehr, er nimmt.
Die Tiere meiden den Ort. Die Menschen schweigen, wenn sein Name fällt. Manch ein Kind fragt nach der Lichtnarbe im Norden, aber die Alten antworten mit einem Blick, der mehr verbirgt als erklärt. Man geht nicht nach Winterfels. Nicht mehr. Wer es versucht, kehrt verändert zurück – wenn überhaupt.
Man sagt, das Licht der Säule werfe keinen Schatten, weil es selbst der Schatten sei, den das Vergangene wirft. Und die Dunkelheit, die darum tanzt, sei nicht das Böse, sondern das, was übrig bleibt, wenn etwas Heiliges zerstört wird. So steht beides dort: das Licht, das verbrennt und die Dunkelheit, die bewahrt.
Und zwischen beidem – Winterfels. Ein Ort, der nicht mehr lebt, aber auch nicht stirbt. Ein Ort, der schweigt. Der geblieben ist, weil etwas bleiben musste. Vielleicht um zu erinnern. Vielleicht um zu mahnen. Oder vielleicht einfach, weil noch nicht alles gesagt ist.
