Kimaru 000

Kimaru ist ein Wesen wie aus einer anderen Zeit. Einer, der nicht geboren wurde, sondern entstanden ist – geformt aus Nacht, Feuer und uralter Stille. Er ist der zweite Wächter des Blutenden Berges, treuer Gefährte Akiras, und doch eine Kraft für sich – ein Mythos, der lebt, ein Schatten, der atmet.

Niemand weiß mit Gewissheit, woher Kimaru stammt. Manche sagen, er sei aus der ersten Glut des Schöpfungsfeuers hervorgegangen, als Eldamar selbst noch ein Gedanke war. Andere meinen, er sei ein Teil Akiras, aus seinem Geist geboren, als Verkörperung der Loyalität und Wachsamkeit. Doch Kimaru selbst spricht nicht über seinen Ursprung. Er ist einfach da – wie die Nacht, wie der Tod, wie das Versprechen, dass nichts Unheiliges ungestraft an den Herzen der Welten rühren darf.

Sein Körper ist von tiefem, undurchdringlichem Schwarz – ein Schwarz, das kein Licht zurückwirft. Es ist nicht einfach Farbe, sondern eine Essenz, eine Gegenkraft zum Sichtbaren. Kimaru trägt die Form eines riesigen Panthers, doch mit jedem Atemzug scheint er sich zu wandeln. Aus seiner Wirbelsäule sprießen manchmal die Ansätze gewaltiger Flügel, drachengleich, als könnten sie den Himmel spalten. Sein Schwanz ist lang, beweglich und mit schimmernden Schuppen überzogen, sein Maul kann sowohl schnurren wie ein Raubtier als auch Feuer speien wie ein Drachenherz. Doch ganz gleich, in welcher Form er sich zeigt – seine Schwärze bleibt unverändert. Kein Muster, keine Farbe, nur die reine Dunkelheit, verdichtet zur Gestalt.

Diese Gestalt ist nicht fest – sie lebt in der Zwischenform, als wäre Kimaru selbst ein Wesen des Übergangs. Zwischen Tier und Mythos, zwischen Leben und Tod, zwischen Feuer und Schatten. Sein Blick ist klar und tief wie ein Bergsee bei Nacht, und wer lange genug in seine Augen sieht, kann darin nicht nur sich selbst, sondern auch seine Ängste erkennen.

Gemeinsam mit Akira bewachte Kimaru einst die Nekropole der Toten – jenen verborgenen Ort jenseits aller Karten, an dem die Seelen ruhen, die nicht mehr durch Zeit oder Raum gebunden sind. Es war ein stiller Dienst, doch einer von größter Bedeutung. Kimaru war nie der Anführer, nie der Sprecher – aber er war das Auge, das niemals schlief. Der Schatten, der alles sah. Der Jäger, der kein Opfer entkommen ließ.

Heute lebt er mit Akira am Blutenden Berg – einem Vulkan, dessen Lava nie erlischt und dessen Puls in geheimnisvollen Rhythmen schlägt. Es ist ein Ort, an dem selbst die Luft schwer von Bedeutung ist. Für Kimaru ist dieser Berg Heimat und Rückzugsort zugleich. Und mehr noch: Die Lava dort ist sein Bett. Inmitten der glutroten Ströme, wo kein lebendiges Wesen verweilen könnte, ruht Kimaru – nicht um sich zu reinigen oder zu nähren, sondern um zu schlafen. Die Hitze der Lava beruhigt ihn, umschließt ihn wie ein Mantel aus Erinnerung. Er sinkt hinab in sie, wie andere in Träume – und wenn er erwacht, ist es, als sei das Feuer selbst erneut geboren worden.

Nach Akira gilt Kimaru als der zweitmächtigste aller lebenden Wesen auf Eldamar. Doch wer ihn kennt, weiß: Macht ist für ihn kein Ziel. Er ist weder herrschsüchtig noch stolz. Er ist einfach – da. Unerschütterlich. Immer bereit. Und über alle Maße loyal. Zwischen ihm und Akira besteht ein Band, das nicht durch Worte erklärt werden kann. Sie sind mehr als Freunde, mehr als Brüder – sie sind zwei Pole derselben Kraft.  Flamme und Glut. Entscheidung und Wachsamkeit.

Seit sie auf den Herren der Glückseeligkeit getroffen sind, hat Kimaru eine neue Aufgabe übernommen: den Schutz von Eldamar selbst. Er streift durch die dunklen Ebenen, ruht in den Nebeln der Gebirge, wacht über die Wege, die ins Zentrum des Landes führen. Niemand weiß genau, wann er erscheint – und niemand vermag sich seiner Gegenwart zu entziehen, wenn er da ist.

Sein Auftauchen ist oft nur ein Flüstern. Ein Kältehauch in der warmen Luft. Ein tiefer Schatten, der durch die Bäume zieht, obwohl keine Sonne scheint. Und dann – ist er da. Schwarz. Riesig. Unumstößlich. Wer Eldamar zu verletzen sucht, muss durch ihn hindurch. Doch noch niemand ist je an ihm vorbeigekommen.

Kimaru ist das lebendige Gewissen Eldamars. Die ruhige Flamme, die niemals flackert. Der Pantherdrache der Dunkelheit, der schläft im Feuer und wacht im Schweigen.