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Niemand weiß genau, woher Giacomo, den alle nur Jack nennen, ursprünglich stammt – am wenigsten er selbst. Einst war er wohl ein Wanderer zwischen den Welten, ein Suchender, ein Träumer mit der Gabe, die Grenzen zwischen den Orten zu überwinden. Doch während einer besonders gewagten Reise durch ein selbsterschaffenes Portal verlor er nicht nur die Spur seiner Herkunft, sondern fand sich unvermittelt in Eldamar wieder – ein Land, das ihn nicht mehr gehen ließ. Oder vielleicht war es eher so: Jack war gekommen, um zu bleiben, aber eben nicht an einem Ort.

Denn Jack ist der Herr der Portale, der Hüter des Raumes, der Meister des Dazwischen. Kein Ort ist ihm fremd, kein Winkel unerreichbar. Er kann Tore erschaffen zu allen bekannten – und vielen unbekannten – Orten, Dimensionen, Welten und Zwischenreichen. Ob im Traum oder im Diesseits, ob Licht oder Schatten: Jack findet immer einen Weg. Oder besser gesagt – er erschafft ihn.

Sein Talent machte ihn schnell zu einem der anerkannten Meister von Eldamar, doch er ist zugleich der Unkonventionellste unter ihnen. Jack besitzt keinen festen Wohnsitz. Er bleibt nie länger als ein oder zwei Tage an einem Ort und kehrt selten zweimal in derselben Gestalt zurück. Die anderen Meister nennen ihn liebevoll den „ewigen Gast“, und das ist er tatsächlich – überall willkommen, nirgends zu Hause.

Jack ist ein Chamäleon der Erscheinung. Er passt sich stets der Umgebung und der Kultur an, zu der er reist, doch nicht immer gelingt ihm das mit historischer Präzision. Es ist nicht ungewöhnlich, dass er in einer antiken Welt mit Zylinderhut, oder in einem futuristischen Reich in barocker Rüstung erscheint. Manchmal trägt er ein Cape aus Licht, manchmal einen verbeulten Mantel, manchmal einfach nur eine bunte Tunika mit zahllosen Taschen – denn Jack ist ein Sammler von kleinen Dingen, Andenken, Erinnerungen an Orte, die er kaum mehr auseinanderhalten kann.

Er hat die Übersicht längst verloren, wo er überall war – und in welchen Körpern. Mal war er klein wie ein Kind, mal groß wie ein Riese, mal von glatter Haut, mal von Schuppen bedeckt. Irgendwann hörte er auf, seine Erscheinungen zu zählen. Was seine ursprüngliche Form war, woher er stammt oder ob es ihn dort überhaupt noch gibt – das sind Fragen, die Jack zwar manchmal stellt, aber selten ernsthaft beantworten möchte.

Seine engste Freundschaft verbindet ihn mit Chronar, dem Herrn der Zeit. Die beiden gelten als die unmöglichste und zugleich vertrauteste Paarung der Meisterschaft: Zeit und Raum, Ordnung und Chaos, Struktur und Improvisation. Doch vielleicht ist es genau diese Gegensätzlichkeit, die sie so tief verbindet. Chronar plant, Jack verirrt sich – und dennoch treffen sie sich immer zur rechten Zeit am rechten Ort.

Trotz seiner scheinbaren Zerstreutheit ist Jack ein zutiefst ernsthafter Lehrer, wenn es um die Kunst der Portale geht. In seiner „Schule des Wanderers“, unterweist er nur wenige, sorgsam ausgewählte Schüler. Sie lernen bei ihm nicht nur das Öffnen von Toren, sondern auch das Hören auf die Risse zwischen den Welten, das Fühlen von Schwellen, das Erspüren jener feinen Linien, die Raum und Traum verbinden.

Was ihn aber besonders macht – und von allen geliebt – ist sein unerschütterlicher Humor. Jack ist ein meisterhafter Witzeerzähler, ein Lachen auf zwei Beinen. Er kennt die besten (und schlimmsten) Witze aus hundert Welten. Manchmal beginnt er einen Witz auf einer Lichtinsel und beendet ihn zwei Tage später in der Schattenwüste – nicht, weil er es vergisst, sondern weil er es so geplant hat. Er liebt es, andere zum Lachen zu bringen – auch wenn er dabei nie ganz sagen kann, ob der Witz nun aus seiner eigenen Erinnerung stammt oder ob er ihn in einem alten Tempel von einer schwebenden Qualle gelernt hat.

Giacomo, „Jack“, der ewig Wandelnde, ist nicht nur ein Meister des Raumes, sondern auch ein Spiegel der Vielfalt, der zeigt, dass man kein festes Selbst braucht, um ganz bei sich zu sein. Er ist Chaos und Ordnung in einem, ein Suchender, der längst gefunden hat, was er nie suchen wollte: das Zuhause im Unterwegssein.



Auf YouTube: Wohin geht der Herr der Portale, wenn er sich verlaufen hat?